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Blickwinkel – die Maske des Lebens

Sie steht dort und sieht die Scherben vor ihr liegen, macht sie einen Schritt, bohren sich die spitzen Glassplitter in ihre nackten Füße und so bleibt sie stehen, weil es so am besten ist. Erinnerungen an die Zeit, als die Scherben noch ein Ganzes, eine Einheit bildeten, stürmen in ihren Kopf. Sie will sich bewegen, dass es wieder so wird, doch sie kann nicht, das merkt sie nach dem ersten Schritt, als Blut aus ihren Füßen quillt. Ihr Leben verlangt danach, weitergelebt zu werden, es wartet nicht darauf, dass sie bereit ist, sondern schleift sie einfach mit. Ohne Gnade zieht es ihr eine Maske auf und schubst sie in den grauen Alltag. Doch auf einmal steht da jemand vor ihr, sie erkennt ihn wieder und als er fragt, wie es ihr geht, fühlt es sich so an, als ob die Welt für einen kleinen Moment innehalten würde. Sie will antworten, doch findet sich selbst lächerlich noch bevor sie es ausgesprochen hat Es gibt so viele Menschen auf der Erde, die täglich leiden müssen, wirklich leiden müssen. Wie kann sie sich über den ein oder andern Kratzer, die eine oder andere Scherben beschweren wollen, wo es ihr doch so gut geht und so antwortet sie, dass es ihr gut geht, was ja irgendwie auch stimmt.

 

Sie ist zufrieden mit ihrer Antwort, mittlerweile fällt es ihr gar nicht mehr schwer, über sich selbst zu lügen, stellt sie mit einer Mischung aus Zufriedenheit und Schrecken fest.

 

Doch als sie aufblickt, merkt sie sofort, dass er ihr nicht glaubt. Einen Moment belässt er es dabei, dann fragt er noch einmal, einfach nochmal. Die Maske beginnt unangenehm an ihrer Haut zu reiben und der Knoten, der die Maske gerade noch an ihrem Kopf gehalten hat, fängt an sich zu lösen. Auf einmal zieht das Leben sie nicht mehr gnadenlos hinter sich her, sondern lässt zu dass sie die Maske für den Augenblick fallen lässt und einfach die unverdrehte, ungeschönte Wahrheit sagt. Sie hält die Maske in der Hand möglichst nah an ihrem Gesicht, nur um sie schnell anziehen zu können, falls er zu lachen anfängt.

 

Doch sie wartet vergeblich, anstatt zu lachen, schaut er sie an und gibt ihr Recht und nicht nur dass er sie versteht, tröstet sie und hilft ihr ... einfach so und alles Harte in ihr explodiert zu Konfetti und Glitzer und lässt keinen Platz für Schlechtes. Sie merkt, dass sie ganz vergessen hat, dass ihre Freunde hinter ihr stehen, um sie aufzufangen, wenn sie fällt, dass sie sich auf sie verlassen kann und dass sie nichts allein durchstehen muss, weil sie nicht alleine ist auf dieser Welt.

 

 

Hanna Suchanek, G 10A

 

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