· 

Einmal Mittelalter und zurück

Wer würde nicht gerne mal eine Zeitreise machen und erleben, wie die Leute im Mittelalter lebten? Gut, vielleicht nicht als armer Bauer ohne Besitz und als Leibeigener eines fiesen Burgherrn, aber als wohlhabender Händler oder vielleicht sogar als Adelige(r) sähe die Sache schon ganz anders aus, oder? All das ist möglich. Es ist zwar  nicht die originale Vergangenheit in Echtzeit, aber zumindest ist sie lebendiger und viel bunter als in so manchem Geschichtsbuch. Der Vorteil ist außerdem: Der Weg ist wesentlich kürzer als für eine Reise in die „echte“ Vergangenheit und hat man genug von Rittern, Ständen und buntem Markttreiben, geht man durch den Ausgang und ist flugs wieder in der Gegenwart angekommen. Habt ihr es erraten? Ich schreibe natürlich von einem waschechten und quirlig-bunten Mittelaltermarkt. Auf geht’s zum Erlebnisbericht Mittelaltermarkt!

 

Bei der Ankunft erblickt man als erstes einen Eingang, bei dem zu den Hauptzeiten des Marktes leider jede Menge Besucher anstehen. Mein Geheimtipp: entweder geduldig anstellen und sich die Zeit mit quatschen und dem Bewundern der zum Teil wirklich ausgefallenen Outfits der anderen Besucher vertreiben, oder schauen, ob es wie bei mehreren großen Märkten noch einen zweiten Eingang gibt an dem weniger Leute stehen. (Allerdings kann es auch sein, dass es keinen zweiten Eingang gibt oder dort noch mehr Leute anstehen und dann ist man so weit wie vorher. :(

 

Dann kommt der Grund für die Schlange: Der Eintritt! Er schwankt meistens zwischen fünf und drei Euro. Und da das immer der Punkt ist, an dem mein Vater schimpft und sagt: „Das ist ja die Höhe, da muss man erst anstehen und teuren Eintritt zahlen und dann drinnen auch noch an jedem Stand extra bezahlen!“ Deshalb werde ich jetzt mal erklären, warum das überhaupt nötig ist:

 

  1. Der Eintritt geht an den Marktbetreiber, das heißt an den, der den Markt organisiert hat, während das, was ihr an den Ständen für die Sachen, die ihr kauft, zahlt, an die Standbetreiber geht.
  2. Der Eintritt ist in den meisten Fällen nicht frei, weil der Marktorganisator seine Kosten für den Markt ja irgendwie wieder reinkriegen muss, zum Beispiel die Anmietung der Marktfläche, Sicherheitsmaßnahmen, sanitäre Anlagen, etc. Und die meisten Organisatoren verlangen zwar auch Standgebühren, die reichen aber oft nicht aus.
  3. Die Standbetreiber können ihre Sachen natürlich nicht umsonst hergeben. Meistens sind die nämlich entweder handgefertigt oder werden von großen Marken geliefert und haben deswegen ihren Preis. Und zumindest die handgefertigten Sachen werden meistens sowieso unter Wert verkauft, das findet ihr spätestens dann heraus, wenn ihr versucht, eine handgewebte Borte oder handgesponnenes Garn nach dem Wert der Stundenarbeit nach Mindestlohn zu verkaufen und euch niemand das Zeug abnimmt.

 

 

 

So, jetzt wisst ihr den Grund für die lange Schlange und den Eintritt. Meistens gibt es einen Kinder- und einen Erwachsenenpreis und meistens gibt es Ermäßigung für Gewandete. Letzteres allerdings nicht immer, da die Leute an der Kasse sich ansonsten gerne mal mit, als Dinosaurier oder ähnlichem verkleideten, Personen streiten müssen, ob das jetzt als gewandet zählt oder nicht und das sowohl für schlechte Laune im Kassenhäuschen, als auch für Unmut in der Schlange sorgt. Aber wenn man dann endlich die Schlange und den, meistens schön geschmückten, Eingang hinter sich gelassen hat, geht er erst richtig los.

 

 

Stände über Stände tauchen vor euch auf, eine riesige Auswahl an handgemachten Mittelaltersachen, wie Gürteln, Leder-, beziehungsweise Holzschuhen, Trinkhörner und vieles mehr, breitet sich vor euch aus. Am besten lässt man sich einfach treiben und genießt das Ambiente und bewundert die vielen Dinge. Oft befinden sich auch Lagergruppen, das sind Gruppen die am Wochenende auf die Märkte fahren und dort nach dem originalen Leben im Mittelalter leben, auf dem Markt und man kann in die Zelte hineinschauen, die Einrichtung der Lager bewundern oder vielleicht sogar beim Kochen über dem Lagerfeuer zusehen. Und wo wir gerade dabei sind: Fürs leibliches Wohl, ist normalerweise auch gesorgt. An den unterschiedlichsten Fressbuden gibt es von Langos (gesprochen: Langosch), einer Art ungarischem Teigfladen, der in Fett ausgebacken wird und mit herzhaftem oder süßen Belag serviert wird, bis zu Barbarenspieß, Fleisch und Teig am Spieß, und sogar Pulled Pork Burger eigentlich fast alles. Oft gibt es auch verschiedenste Kartoffelgerichte, was zwar streng genommen nicht mittelalterlich ist, weil Kolumbus die Kartoffel ja erst entdecken musste, aber sich einfach anbietet, weil es schnell und einfach geht und viele Leute es mögen. Und auch Getränke gibt es natürlich reichlich. Da wäre die Limo, die unter pseudomittelalterlichen Namen verkauft wird, und natürlich alkoholische Getränke, wie Drachenblut, meistens Met mit Kirscharoma, Met und vieles mehr. Met ohne Alkohol habe ich leider auf keinem einzigen Markt gefunden, wer unter sechzehn ist, muss also warten.

 

Wenn man dann also gefüttert und getränkt, den ganzen Tag durchgehalten hat, kommt der Abend. Wenn es dunkel geworden ist, ist eigentlich die schönste Zeit, um auf den Mittelaltermarkt zu gehen. Da die meisten Märkte im Sommer sind, ist das zwar relativ spät erst der Fall, aber am Wochenende geht das ja schon mal. Abends entzünden viele Marktbetreiber und Lagergruppen Fackeln, Lagergruppen oder den Inhalt ihre Feuerschalen (nein nicht die ganze Feuerschale) und der Markt wird in ein schummriges goldenes Licht getaucht. Überall hört man Gelächter oder Musik, die Menschen unterhalten sich und haben Spaß. Es ist so eine richtig schöne nostalgische Sommernacht. Auf vielen Märkten gibt es abends sowie den ganzen Tag über immer wieder Bühnenprogramm, tagsüber meistens Gauklergruppen und Geschichtenerzähler, Clowns oder Shows über die Kleidung des Mittelalters. Die ganze Bandbreite der mittelalterlichen Unterhaltung eben. Und abends? Abends gibt es die Feuershow. Mit spektakulären Kunststücken, Feuerspuckern, Artistinnen, die Reifen aus Feuer um sich herumschwingen und Artisten, die im Handstand über einer brennenden Schnur laufen. Und danach kommen die Bands. Sogenannte Mittelalterbands, die eine Mischung aus Rock und Folk und Dudelsack und Geige spielen, die sich nach Mittelalter anhört. Es ist der Hammer! Oft befindet sich vor allem direkt vor der Bühne eine Menge „durchgeknallter“ Mittelalter- und LARP-Fans, die sich von der Musik mitreißen lassen und tanzen, weiter hinten befindet sich die eher gemäßigte Fraktion, die etwas mithüpfen und einfach ihren Spaß am Zuhören haben. Auch hier in Regensburg gibt es eine Mittelalterband die es in sich hat. Fuchsteufelswild spielt auf Festivals vor allem rund um Regensburg und wurde von mir sofort zu meiner persönlichen Lieblingsmittelalterband erkoren, als ich sie vor einem Jahr zum ersten Mal hörte. Der beste Platz vor der Bühne ist übrigens entweder ganz vorne, oder ungefähr in der dritten Reihe. Das kommt darauf an, wo die Boxen stehen und ob man hinter ihnen stehen kann oder nicht. Denn hinter den Boxen vermischen sich der Originalklang von der Bühne und das, was aus den Boxen kommt, miteinander und das wiederum klingt nicht so toll.

 

Wenn das Konzert vorbei ist, kann man den Abend noch mit einem kleinen Imbiss oder mit einem letzten Spaziergang durch die Marktgassen beenden, und dann nach Hause fahren, um todmüde ins Bett zu fallen. Und am nächsten Tag wieder fit zu sein. Für einen weiteren Tag im Mittelalter.

 

PS: Keine Angst vor den Orks, Dinos (ich hab echt keine Ahnung, was die das letzte Mal da zu suchen hatten) und dem anderen Volk auf den Märkten. Die meisten sehen zwar gruselig aus, sind aber eigentlich extrem nett und witzig. Und passt auf, wohin ihr euer Handy haltet, wenn ihr etwas filmt. Das letzte Mal hat ein Ork nach meinem geschnappt :)

 

Bildquelle: https://stadtmaus.de/regensburger-spectaculum.html                                 

 

 

 

Hier könnt ihr auch nachschauen; wann das nächste Spectaculum ist.

 

Anne, G10C

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0